»Als Kind dachte ich immer, dass alle Touristen aus Deutschland kommen«

Andrea Abreu gehört seit ihrem Debüt »So forsch, so furchtlos« zu den aufregendsten Schrift­stellerinnen ihrer Generation. Ein Gespräch über ihre Heimat Teneriffa, ihr schwieriges Verhältnis zum Tourismus und die Frage, ob Freundschaft und ­Liebe überhaupt zu unterscheiden sind.

Andrea Abreu schreibt seit ihrer Kindheit, konnte sich aber lange nicht vorstellen, vom Schreiben leben zu können. Gleich nach ihrem Debütroman So forsch, so furchtlos zählte das renommierte Literatur­magazin Granta sie zu den wichtigsten spanischsprachigen Schriftstellerinnen und Schriftstellern unter 35 Jahren.

Foto: Rubén Plasencia

Etwa sechs Millionen Touristen reisen jedes Jahr nach Teneriffa, in die Heimat der kanarischen Schriftstellerin und Journalistin Andrea Abreu. Ihr Debütroman Panza de Burro von 2020 (auf Deutsch: So forsch, so furchtlos) erzählt vom Leben auf der Insel abseits der Touristenzentren. Zwei Freundinnen wachsen darin in einem Bergdorf auf, das Meer unerreichbar, weil nie jemand Zeit hat, sie dorthin zu fahren. Sie zwängen sich stattdessen durch zerbrochene Beton­platten, um im Wasserkanal des Dorfes baden zu können, und versuchen mit den verwirrenden Gefühlen umzugehen, die sie füreinander haben. Das alles in einer Sprache, die so genau ist, so wenig auslässt, dass es manchmal wehtut. Der Roman wurde zum Überraschungserfolg. Die New York Times schrieb, er sei eine Offenbarung, auch in Deutschland stand er auf der Bestsellerliste. Abreu wuchs wie ihre Romanfigur im Norden Teneriffas auf, ihre Mutter arbeitete als Putzkraft, ihr Vater beim Bau von Hotels und Ferienanlagen. Nach einigen Jahren in Madrid lebt Andrea Abreu wieder auf der Insel, arbeitet als freie Journalistin und schreibt gerade an ihrem zweiten Roman. Ein Kapitel darin soll »Der Deutsche« heißen, erzählt sie beim Treffen in einem Café in der Universitätsstadt La Laguna: »Als Kind dachte ich immer, dass alle Touristen aus Deutschland kommen.«